Mylady ist ein Abenteuerspiel, dass sowohl semikooperativ, als auch kooperativ oder sogar solo gespielt werden kann. Vor Jahren wurde mir das Spiel eher schlecht als recht erklärt und entsprechend holprig verlief dann die Partie, so dass ich dem Spiel eher negativ gegenüberstand. Nun hab ich nochmal einen Anlauf gewagt und mir das Spiel vor allem auch mal selber erarbeitet. Und siehe da: Das Spiel hat was und es weiß zu faszinieren!
Gespielt wird in Frankreich im 17. Jahrhundert. Kardinal Richelieu versucht mit allen Mitteln, seine politische Widersacherin, die Königin, in Misskredit zu bringen. Die vier Musketiere versuchen die Ehre der Königin zu retten und reisen nach England, um die Diamantnadeln der Königin zurückzuholen, die diese ihrem Liebhaber, dem Herzog von Buckingham geschenkt hat. Dazu müssen die Musketiere 4 Szenarien durchspielen und möglichst vor dem Durchlauf der Zeitleiste bestehen. Ihre Widersacherin ist Mylady, die Geheimagentin des Kardinals. Diese versucht durch verdecktes Auslegen von Widersachermarkern, Hinterhalten, Arglistkarten etc. die Musketiere auszuschalten oder zumindest auszubremsen.
Dazu hat Mylady mehrere Möglichkeiten: Zum einen legt sie ihre Widersachermarker verdeckt auf die 4 Szenarien der Diamantennadelmission aus. Zum anderen kommen aber auch Arglist-, Hinterhalt- und Widersacherkarten ins Spiel. Dabei fungiert Mylady an verschiedenen Orten. In Paris legt sie Misionskarten aus, die von den Musketieren möglichst schnell erledigt werden sollten, da Mylady sonst Constanze (die Kammerzofe der Königing und Geliebte von d´Artagnan) erfolgreich "erdolcht" und damit das Spiel sofort gewinnt. Im Louvre wird die Königin diskreditiert. Gelingt es den Musketieren nicht, dies zu verhindern, ist die Ehre der Königin nicht mehr zu retten und Mylady gewinnt ebenfalls vorzeitig.
Die Musketiere haben also alle Hände voll zu tun und stehen enorm unter Zeitdruck. Durch die Intrigen und Fallen von Mylady brennt es an allen Ecken und Enden. Ständig sind Herausforderungen zu meistern (es müssen verschiedene Fähigkeitspunkte erzielt werden, die man durch den eigenen Spielbogen plus entsprechend erworbenen Abenteuerkarten erwerben kann), ständig sind Duelle gegen die Handlanger Myladys und gegen den gefährlichsten Gegner Rochefort auszufechten, die Ermordung von Constanze in Paris muss verhindert werden, die Ehre der Königin muss ständig verteidigt werden und es gibt auch noch einen Kriegsschauplatz ("Belagerung von La Rochelle"), den die Musketiere ebenfalls nicht vernachlässigen dürfen. Durch Duelle können die Musketiere empfindlich geschwächt und somit zeitraubend aufgehalten werden (wenn die Musketiere durch Duelle zu viel Lebenspunkte verlieren, müssen sie sich eine Runde lang in ihrem Quartier erholen, was viel wertvolle Zeit und somit unter Umständen auch den Sieg kosten kann).
Die Duelle werden durch Duellwürfel ausgetragen. Die Musketiere können die Anzahl der ihnen zur Verfügung stehenden Duell-Würfel durch Abenteuerkarten oder aber auch durch Verstärkungen, die sie käuflich erwerben können, erhöhen. Allerdings ist durch das Ziehen der Abenteuerkarten und das Auswürfeln der Duelle ein nicht zu unterschätzender Glücksfaktor im Spiel, der nicht jedermanns Sache sein dürfte.
Gespielt werden kann in voller Besetzung zu fünft, wobei ein Spieler die Rolle von Mylady übernimmt und die anderen vier die Musketiere spielen. Diese Variante ist semikooperativ und kann auch zu viert (dann spielt ein Musketier weniger mit) oder zu dritt (dann übernehmen zwei Spieler jeweils zwei Musketiere) oder sogar zu zweit (dann übernimmt ein Spieler alle vier Musketiere) gespielt werden.
Man kann auch "ohne" Mylady spielen. Hier spielen vier bis zwei Spieler gegen das Spiel, dass durch Zufallskomponenten die Rolle von Mylady übernimmt, indem die Arglist-, Hinterhalt- und Widersacherkarten bzw. Marker "blind" gezogen werden. Dies wäre dann die kooperative Variante.
Oder man spielt solo und übernimmt alle vier Musketiere und spielt gegen das die Mylady steuernde Spiel. Es funktioniert in allen Varianten hervorragend. Allerdings empfehle ich die semikooperative Variante nicht uneingeschränkt: Die Aktionen von Mylady sind doch recht eingeschränkt. Mylady legt zwar bei den 4 Szenarien der Diamantennadel die Hinterhaltsmarker verdeckt aus, kann aber dann keinen weiteren Einfluss auf die Kampagnen nehmen (außer dass sie durch ihre verdeckte Anwesenheit Rochford ins Spiel bringen kann). Auch das Auslegen der Pariskarten, der Arglist- und Widersacherkarten bringt Mylady nicht all zu aktiv ins Spiel. Und so kommt es immer wieder vor, dass der Mylady-Spieler sich doch im Laufe des Spiels beginnt, zu langweilen, während die Musketierspieler doch gehörig ins Schwitzen geraten.
Das Spiel ohne Mylady-Spieler ist dann aber auch noch ein Stück glücksabhängiger, als ohnehin schon. Mich persönlich stört das allerdings nicht. Es ist natürlich ein Abenteuerspiel, in dem es nun mal in der Natur der Sache liegt, dass Glücks- und Zufallselemente und Unwägbarkeiten eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Die reinen "Schachspieler" bzw. "Hardcore-Strategen" sollten von daher vielleicht die Finger von diesem Spiel lassen. Ich mag aber durchaus diese Art von Überraschungen in solchen Spielen (und nur dann macht dieses Spiel auch großen Spaß!).
Durch den wirklich gelungenen Spielplan, den Karten und den Spielfiguren kommt durchaus eine Menge "Mantel- und Degen"-Atmosphäre ins Spiel. Die Spielregel ist etwas eigenwillig; man hat das Gefühl, sie zäumt das Pferd manchmal von hinten auf. Aber hat man sich erst einmal daran gewöhnt, kommt man m.E. ziemlich gut mit der Regel zurecht. Es gibt einige sehr komplexe Abläufe in dem Spiel, manchmal auch etwas unlogische (bei einer Kampagne verbraucht man eine Aktion, um ein Feld vorzuziehen, in einer anderen Kampagne aber, aus welchen Gründen auch immer, nicht). Dies macht es nicht ganz leicht, das Spiel zu spielen; man muss es sich schon ein wenig erarbeiten.
Dann aber macht das Spiel großen Spaß und ist auch sehr spannend zugleich. Es ist eines der wenigen Spiele, in denen es eigentlich nicht viel ausmacht, zu verlieren, denn das Spiel lebt stark von seiner Atmosphäre und eine Niederlage verführt einem dazu, es gleich noch einmal gegen Mylady zu versuchen (sie ist aber auch ein hartnäckiges und zähes Luder).
Ich geb dem Spiel (knappe) fünf Punkte. Macht auch solo großen Spaß! Man muss diese Art von Spielen allerdings mögen!
Matthias hat Mylady und die Musketiere klassifiziert.
(ansehen)