So, es ist vollbracht: Die Charterstone-Kampagne ging vor einigen Tagen nach 12 Kapiteln (Spielen) zu Ende. Wir sind das ganze zu viert ohne Automa-Spieler angegangen und haben erfolgreich unser Dorf entwickelt.
Vorneweg muss ich sagen, dass ich eine Bewertung in Punkten/ Noten hier extrem schwierig finde. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass das Spielgefühl während der Kampagne einige Hochs und Tiefs hatte. Ein paar Gedanken dazu, die evt. anderen bei der Kaufentscheidung helfen:
Die ersten beiden "Spiele" haben wir allesamt als extrem anstrengend empfunden: Die meiste Zeit haben wir eine Regel nach der anderen gelesen und eingeklebt. Manches wurde erst nach Zuhilfenahme der FAQ oder des Boardgamegeek-Forums bei Details klarer. Danach wurde das Spielgefühl deutlich besser.
Im Mittelspiel gab es wirklich einige interessante Partien durch ein paar Gimmicks oder Regelungen (sogenannte Wegweiser), die jeweils für eine Runde gelten.
Insbesondere die letzte Partie war dann wieder gefühlt das gleiche wie viele der Partien davor. Es ergibt sich nicht mehr viel Neues, es ist alles soweit eingeführt.
Oft habe ich gelesen, dass Charterstone mehr Workerplacement-Mechanismus als thematisches Spiel mit Story ist. Das kann ich unterstreichen. Es wurde zwar versucht, an manchen Stellen ein wenig Geschichte hineinzubringen, aber allzuviel sollte man hier nicht erwarten. Insbesondere für das Gefühl am Spielende fand ich das schade: Die letzten Karten waren dann wieder Regeln, wie man das Spiel nach Ablauf der Kampagne fortführen kann. Das Einkleben der Aufkleber und das Sortieren des Materials habe ich heute in Ruhe mal vorgenommen.
Wir haben in der gleichen Runde übrigens Pandemic Legacy Teil 1 gespielt. Wir waren uns einig, dass uns das Spiel im Vergleich mehr abgeholt hat; es war mehr ein wirkliches gemeinsames Spiel-Erlebnis. Von Charterstone bleibt momentan nicht viel zurück. Momentan möchten wir beim nächsten Treffen eher nochmal was anderes spielen.
Bei Pandemic Legacy fanden wir es dagegen schade, dass es vorbei war.
Auch wenn einiges am Bericht eher negativ klingen mag: Ich habe es weder bereut, das Geld für Charterstone ausgegeben zu haben noch ist es ein schlechtes Spiel. Im Gegenteil - das Konzept an sich finde ich sehr innovativ und ich bin sehr froh, es ausprobiert zu haben. Das Entwickeln des eigenen Spielplans und Entdecken der Materialien hat auch oft viel Spaß gemacht.
Zur Spieleranzahl würde ich sagen: Ich finde mindestens 4 Spieler eine gute Anzahl und glaube, dass es tatsächlich in Vollbesetzung (also zu sechst) am meisten Spaß macht. Die Charter der Nicht-Spieler entwickeln sich im Verlauf des Spiels einfach deutlich weniger. Ich weiß auch nicht, ob evt. Folgespiele nach der Kampagne so arg unausgegoren sein könnten. Das kann aber nur ein Eindruck sein.
Mit Automas wollten wir übrigens nicht spielen - diese haben nochmal ein eigenes Regelheft und es war uns zu kompliziert, diese auch noch korrekt zu steuern (was wahrscheinlich ebenso mit häufigem Details nachlesen verbunden gewesen wäre).
Die Spielanleitung schlägt übrigens auch vor, auch zu zweit mit 2 Automas zu spielen.
Also scheint es mit mehreren Spielern wahrscheinlich besser zu funktionieren, zumindest wenn man wie wir nicht unbedingt mit Automas spielen möchte.
Für wen empfiehlt sich nun Charterstone?
Ich muss sagen, dass die Einstiegshürde anfangs schon recht hoch war, was Regeldetails anging und man keine Abneigung gegen Spiele haben sollte, bei denen es mancher Internetrecherche diesbezüglich bedarf. Ich befürchte, dass Gelegenheitsspieler spätestens an der Stelle das Spiel in die Ecke stellen und nicht mehr auspacken. Das ist einfach extrem schade.
Ich finde daher, man hätte nicht alles als Legacy-Konzept lösen müssen. Mit einem Kürzen der Kampagne um vielleicht 2 Spiele und ein einleitendes Heft mit den Grundregeln wäre für mich schon einiges verbessert. Vielleicht hat man hier einfach zu viel gewollt. Stonemaiergames möchte laut Homepage Spiele für möglichst viele Spieleranzahlen entwickeln (1-6 soll möglich sein). Der Gedanke ist zwar an sich schön, aber man sollte sich auch fragen, ob das immer so gut funktioniert.
Für mich wäre 4-6 hier einfach ehrlicher gewesen.
Bin jedenfalls gespannt, was hier andere berichten. Vielleicht gibt es ja auch Paare oder Solospieler, die ihren Spaß mit Charterstone hatten. Ich bin jedenfalls sehr sicher, dass es zu den spielen gehört, die eher polarisieren.
Ich schwanke in meiner Endwertung zwischen 4 und 5 Punkten und vergebe jetzt trotz aller genannter Kritikpunkte die besseren 5 Punkte: Es war definitiv eine interessante Erfahrung, Charterstone gespielt zu haben und mir persönlich war es auch das Geld wert. Dazu trägt sicherlich auch die sehr wertige Ausstattung des Spiels bei.
Martina hat Charterstone klassifiziert.
(ansehen)